
„Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Lukas 6,36
Das neue Jahr 2021 hat begonnen. Die neue Jahreslosung aus dem Lukasevangelium steht uns gut. Uns, die wir wieder warten und ausharren müssen in diesen Monaten. Kontakte begrenzen, Geschäfte schließen und die Kultur auf Eis legen. So mancher Moment lässt einen da verrückt werden. In so manchen Situationen werden wir ärgerlich. Dann ist es leicht zu sagen, der oder die habe Schuld. Doch so ist es nicht. Das Virus ist es.
Barmherzig sein. Das Wort ‚barmherzig‘ wirkt veraltet, wirkt kirchlich. ‚Barmherzig‘, das sagt so heute keiner mehr. Es sei denn der Pfarrer von der Kanzel. Dabei ist, ein Herz zu haben, doch das Beste, was uns Menschen, Tieren und der gesamten Schöpfung zu Gute kommt. Es ist so schön, wenn einer barmherzig mit mir ist. Mir nicht meine Fehler aufzählt, um mich zu beschämen, mir ein schlechtes Gewissen zu machen oder mir gar vor Augen zu führen, ich sei nichts wert. Es tut so gut, wenn einer sagt: Es kommt wieder ins Reine, unser Streit, unsere Auseinandersetzung, unsere Beziehung. Wie der Vater, vom dem Jesus im Gleichnis erzählt: Der Sohn kommt nach Hause, gebeutelt und ohne Geld. Ohne zu zögern nimmt der Vater ihn wieder in die Arme. Nach dem, was alles passiert war und was der Sohn alles falsch gemacht hatte. Barmherzig sein heißt nicht, alles einfach weg zu schweigen, sondern wissen, was war und es in einem anderen Lichte sehen. Gott sieht uns in diesem anderen Licht. Er weiß, was wir noch können und wie wir imstande sind, selbst barmherzig zu sein.
Lasst uns also nicht aneinandergeraten und uns gegenseitig beschuldigen! Lasst uns barmherzig sein, oder zumindest Barmherzigkeit üben! Unsere Situation wird nicht besser, wenn wir uns gegenseitig mies machen. Lasst uns ein Herz haben für die Not des anderen und Verständnis für die Entscheidungen, die für uns als Gesellschaft getroffen werden. Denn auch denjenigen gehört unser Herz: den Kranken und Sterbenden, denen, die verzweifeln in der Quarantäne und in der Einsamkeit, denen, die tagtäglich Menschen helfen und pflegen und denen, die dazu beitragen Leben zu retten und erhalten. Seien wir also barmherzig miteinander und stärken wir uns gegenseitig!
In diesem Sinne hoffe ich auf ein gutes Miteinander in diesem Jahr und bete zu Gott, er gäbe seinen Segen und seine Kraft dazu!
Ihre Pfarrerin Ulrike Schulter